Glutaraldehyde oder kurz Glutaral
Ein Erfahrungsbericht über Glutaral, das auch in dem Wasserpflanzendünger Easy XXX enthalten ist.
Datenblätter, zur Erklärung der Gefährlichkeit Ein Überblick Die Ausgangslage Wundermittel oder Teufelszeug? Die Wirkung von Glutaral im Aquarium Was bewirkt Glutaral bei Wasserpflanzen Zusammenfassung Die Wirkung als CO₂-Quelle
Datenblätter Damit man in etwa weiß, um was für eine Substanz es hier geht, zuerst Auszüge aus 2 Datenblättern. Die Datenblätter lesen sich fast alle gleich - ich habe 7 davon als pdf-Dateien.
Fa. Braun: „Gesundheitsschädlich beim Verschlucken. Giftig beim Einatmen. Verursacht Verätzungen. Sensibilisierung durch Einatmen und Hautkontakt möglich. Sehr giftig für Wasserorganismen. Bei Berührung mit den Augen sofort mit Wasser abspülen und Arzt konsultieren. Bei der Arbeit geeignete Schutzkleidung, Schutzhandschuhe und Schutzbrille/Gesichtsschutz tragen. Bei Unfall oder Unwohlsein sofort Arzt zuziehen (wenn möglich, dieses Etikett vorzeigen). Freisetzung in die Umwelt vermeiden. Besondere Anweisungen einholen. Sicherheitsdatenblatt zu Rate ziehen”.
Merck: „Kann beim einatmen tödlich wirken. Verursacht Verätzungen der Atemwege, der Augen und der Haut. Sehr giftig für Wasserorganismen. Schädigt folgende Organe: Auge, Linse oder Kornea. Bei verschlucken gefährlich. Kann allergische Reaktionen der Atemwege und der Haut verursachen. Kann folgende Organe schädigen: Lungen, Verdauungsystem, Atemwege, Haut, Augen, Kopf, Rachen.”
So, das liest sich richtig gefährlich und gruselig! Allerdings ist das Datenblatt von Formalin (Formaldehyd) sehr ähnlich. Und mag Formalin auch nicht harmlos sein, so hat man es doch früher für alles mögliche verwendet - und ist nicht daran gestorben - ich eingeschlossen. Ich will die Gefährlichkeit dieser Chemikalien nun wirklich nicht herabreden, aber wenn man einigermaßen vorsichtig ist, so gibt es gefährlichere Dinge. Es ist so ähnlich wie die lockere Handhabung einer stärkeren Motorsäge (Kettensäge) oder einer großen Flex: Respekt und Vorsicht, ja - Angst aber keine! Sonst könnte man ja nicht mehr richtig arbeiten. Nebenbei kann man Glutaral frei in der Apotheke erwerben - allerdings zu einem stolzen Preis, Formalin nicht. Aber nicht, weil Formalin giftiger wäre, sondern weil man mit Formalin Sprengstoff herstellen könne. So jedenfalls die Begründung des Apothekers. Nach meinen eigenen Erfahrungen/Versuchen über 4 Jahre ist dieses „hochgiftige Glutaral” aber im Süßwasser offensichtlich gar nicht soo giftig. Außer, daß es alle Algen umbringt. Das restliche Aquarium aber offenbar nicht.
Ein Überblick: In der Allgemeinheit ist Glutaral um 2008 bekannte geworden, weil mit dieser Substanz die deutsch-russische Ostseepipeline „gespült” werden sollte. Damals haben sich sehr viele Leute dagegen aufgelehnt, da man Bedenken hatte, ob die Ostsee das viele „Gift” verkraften könne. Meines Wissens ist dann auch nicht mit Glutaral gespült worden. Als nächstes ist Glutaraldehyde in einem „Super-Wasserpflanzendünger” namens „Easy XXX” enthalten. (Da ich keinen Wert auf Unterlassungsklagen oder ähnliches lege, werde ich mich hüten, hier einen konkreten Namen zu nennen! Der Name „Easy” ist aber unverfänglich, da er ein beliebter Name ist und gleich von mehreren Firmen verwendet wird.) Es steht zwar nirgends drauf, daß da Glutaral drin ist und somit ist es nicht offiziell. Aber man braucht nur an einem Behälter mit Glutaral und an dem Wunderdünger zu riechen, um eine Übereinstimmung des penetranten Geruchs festzustellen! In diesem Dünger soll es als „Kohlenstoffdünger” fungieren. Die Behauptung alleine ist meiner Meinung nach ein starkes Stück und in der Praxis nicht wirklich erkennbar. Ich habe bei meinen Versuchen mit Glutaral nie eine verstärkte Assimilation oder gar Sauerstoffbläschen erkennen können. Als nächstes ist die Aussage auf der Homepage der Herstellerfirma über die Wirkung des Düngemittels irreführend und sachlich falsch, da heißt es nämlich:
„EasyXXX erhöht die Konkurrenzkraft der Pflanzen gegen Algen und trägt gleichzeitig zu ihrer Reduzierung bei.” Und weiter: „Algen haben keine Change mehr. Pflanzen assimilieren und wachsen viel besser wegen dem Kohlenstoff aus EasyXXX. ....Das kräftigere Wachstum der Unterwasser- und Sumpfpflanzen verursacht die Reduzierung von Algen. Pinselalgen, Bartalgen und Konsorten haben wirklich keine Chance mehr.”
Nun ist es keinesfalls so, daß die Algen verschwinden, weil die Wasserpflanzen so gut gedeihen, sondern Glutaral ist ganz einfach ein Algizid! Es bringt Algen um! Dafür ist es in der Aquaristik auch gut geeignet! Und - meiner Meinung nach - zu sonst nichts! Außer natürlich als Desinfektionsmittel für medizinische Geräte (Endoskope) und als Konservierungsmittel. Dafür wird es wohl hauptsächlich verwendet.
Eigentlich könnte es mir egal sein, was irgend welche „cleveren” Geschäftsleute in ihre Wasserpflanzendünger hinein tun. Wenn aber die Beschreibung und die Tatsachen dermaßen auseinander laufen, ist das für mich schon eher eine Manipulation. Man gaukelt dem Anwender Eigenschaften eines Produktes vor, die so überhaupt nicht vorhanden sind und der Effekt auf ganz andere Weise zustande kommt. Gegen solche Manipulationen bin ich äußerst empfindlich. Das kann ich überhaupt nicht ausstehen! Hauptsächlich aus diesem Grund gibt es diese Seite. Der Aquarianer soll wissen, was er in sein Aquarium hinein gibt. Ob er es mit dem Wissen um die Gefährlichkeit ....
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Die Ausgangslage: Auf Glutaral gekommen bin ich, weil in meinem 160er - für meine Begriffe - zu viele Pinselalgen (Bartalgen) wuchsen. Und da Glutaral angeblich Algen umbringt - dachte ich - könnte es das ja auch mal mit meinen Algen machen. Weil ich aber möglichst konzentriertes Glutaral haben wollte, habe ich mich nach einer anderen Quelle umgeschaut. Dabei mußte ich leider feststellen, daß die Substanz im Chemikalienhandel sehr, sehr teuer ist. Glücklicherweise wird Glutaral aber auch zur Desinfektion verwendet. Und da ist es bezahlbar. Es ist zwar auch nicht rein oder konzentriert, aber immerhin 20%ig.
Wundermittel oder Teufelszeug? Weder noch! Es ist nach meinen Erfahrungen ganz einfach eine „nicht ungefährliche Chemikalie”! Ob man allerdings so „starke” Chemikalien in seinem Aquarium auf Dauer oder überhaupt einsetzen soll, möge jeder selber entscheiden. Ich würde es auf Dauer nicht nehmen, die Substanz aber sehr wohl kurzfristig gegen Algen einsetzen. Dafür ist Glutaral vorzüglich geeignet. Der Reihe nach: Irgendwann habe selbst ich etwas von dem „Superdünger” Easy XXX mitbekommen. Da ich der Aussage über die wundersame Kohlenstoff-Düngung nicht so recht getraut habe, habe ich etwas genauer nachgelesen. Dabei bin ich dann auf Glutaral gekommen. Und da ich von Natur aus ein neugieriges Kerlchen bin, musste ich die Substanz natürlich ausprobieren. Den Dünger habe ich trotzdem gekauft. Und richtiges Glutaral auch. Als Desinfektionsmittel in einem 5-L-Kanister.
Damit ich nicht mehr mit Fragen belämmert werde, wo man „Glutaral” kaufen kann: Probieren sie es in der Apotheke - sehr teuer - oder schauen Sie sich ganz einfach obiges Foto genauer an!! Ist aber auch nicht billig! Easyxxx ist billiger!
Die Wirkung von Glutaral im Aquarium: Diese Beobachtungen habe ich nur an einem einzigen Aquarium gemacht, zwar bei mehreren Versuchen über mehrere Jahre. Aber eben immer nur mit einem Aquarium. Somit sind sie nicht übermäßig aussagekräftig. Deshalb ist das hier auch nur ein „Erfahrungsbericht”. Die Reaktionen müssen woanders nicht identisch sein. Allerdings ist zu erwarten, daß sie zumindest ähnlich sein werden. Bei den ersten Versuchen habe ich mit 5 ml täglich 20%iges Glutaral angefangen. Beckengröße: 160x60x60cm. Die einzige sichtbare Wirkung bereits einige Stunden nach der ersten Dosierung bestand darin, daß sehr viele Fische in der Auslaufströmung des Filters standen und nach irgend etwas unsichtbarem geschnappt haben. Nun sehen Fische angeblich nicht so gut, aber zumindest besser als ich, da ich überhaupt nicht sehen konnte, wonach die da geschnappt haben. Auch nicht mit guter Lesebrille. Anderes ist bei dieser Dosierung vorerst nicht passiert. Nach einigen Tagen haben die Pinselalgen aber bereits angefangen, etwas blasser zu werden und die Grünalgen an den Scheiben sind etwas zurück gegangen. Bei späteren Versuchen habe ich die Dosierung bis auf 15 ccm 20%ig täglich erhöht. Der Unterschied ist, daß das Aquarium dann bereits nach ca. 8 Stunden trüb wird. Nach ca. 2-3 Tagen ist das Wasser wieder klar. Bei noch stärkerer Dosierung bekommen die Fische Probleme mit der Atmung. Also ungefährlich ist die Substanz nicht! Allerdings konnte ich zu keinem Zeitpunkt andere negative Wirkungen bei Fischen, Garnelen, Schnecken oder Kleinstlebewesen feststellen. Die Hüpferlinge waren Nachts immer noch da, die Garnelen hatten Eier wie eh und je. Lediglich die Filterbakterien oder besser die Kleinsttiere im Filter dürften zumindest teilweise ausgespült worden sein. Denn nach denen werden die Fische wohl im Filterauslauf (oder Filter-Einlauf ins Aquarium) geschnappt haben. Interessant ist vielleicht, daß es bedeutend länger gedauert hat, bis die Pinselalgen ....
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Aquarium mit abgestorbenen - jetzt roten - Pinselagen.
Unten: Ausschnitte aus dem Foto oben.
Unten: Abgestorbene Pinselalgen Makroaufnahme
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Was bewirkt Glutaral (oder EasyXXX) bei den Wasserpflanzen Das ist eine recht interessante Sache. Es wachsen nämlich einige Pflanzen tatsächlich besser und andere eher schlechter. Das hat aber nichts mit Düngung oder eben Nährstoffzufuhr zu tun, sondern ist eher eine Art Veränderung der Wuchseigenschaften. So wie mit Formaldehyd - kurz Formalin - behandelte Fische eher zu Mutationen - Blaue Keilfleckbarbe - neigen, scheinen zumindest einige Wasserpflanzen zu Wuchsveränderungen zu neigen.
Es scheint so zu sein, daß speziell Echinodorus mit Glutaral besser wachsen. Die kleine Echinodorus quadricostatus (neuer Name Helanthium bolivianum quadricostatus), normalerweise eine kleine Vordergrundpflanze wird unter Umständen mehr als doppelt so groß. Sie hat schon bestimmt 20cm geschafft. Da ist dann nichts mehr mit Vordergrund. Leider finde ich die Aufnahme mit der Jumbo-quadricostatus momentan nicht. Eine E. rubra Hybride bekommt schon nach wenigen Tagen schöner glänzende und sauberere Blätter, diese Art Pflanzen werden mit Glutaral auch größer, zum Teil nennenswert größer! Foto unten, da kann man im Hintergrund rechts auch abgestorbene - rote - Pinselalgen sehen. Bei Stängelpflanzen habe ich allerdings eine Zunahme der Quirlabstände (Internodien) festgestellt. Also irgend etwas bewirkt die Substanz schon, aber um da eine echte Aussage machen zu können, müßte man richtige Versuche mit mehreren Aquarien über einen längeren Zeitraum machen. Dazu habe ich aber momentan weder Zeit noch Lust.
Zusammenfassung Glutaral ist ein sehr gutes Mittel um hartnäckige Algen loszuwerden. Das ist durchaus in Ordnung! Zwar ist es nicht „ungefährlich”, aber so schlimm wie in den Sicherheitsdatenblättern ist es offensichtlich auch wieder nicht. Sonst hätten die Hüpferlinge tot sein müssen. Siehe hier. Es kommt eben wie so oft auf die Dosierung an. Allerdings muss man sich bei der Verwendung von dem Wasserpflanzendünger EasyXXX darüber klar sein, daß man keinen „Dünger”, sondern ein Algizid verwendet! Welches nur über dem Umweg der Algenbekämpfung den Pflanzen nützt. Etwas „hinterlistig” ist die Wirkung von Glutaral trotzdem. Das Aquarium macht nämlich während der Glutaralgaben einen durchaus guten Eindruck! Das Wasser ist klar bis sehr klar, die Pflanzen haben eine saubere Oberfläche, also die Blätter glänzen etwas und es sieht auf den ersten Blick so aus, als ob alles in bester Ordnung wäre. Der Eindruck täuscht aber, ein alter Hase erkennt an der Atemfrequenz der Fische den niedrigen Sauerstoffpegel und kann auch - so sein Riechorgan noch in Ordnung ist - einen leichten Geruch nach Chemie feststellen. Der typische „gute Aquariengeruch” ist nicht mehr da.
Zu der Wirkung als CO₂-Quelle: Da ich nie feststellen konnte, daß die Pflanzen nach Glutaralgaben - ohne zusätzliches CO₂ aus der Flasche - mehr assimiliert haben oder sogar Sauerstoffbläschen aufgestiegen wären, hat es mich doch interessiert, wie viel CO₂ nun in z.B. 100 ccm reinem Glutaral drin ist. Da ich das aber mangels chemischem Wissen nicht selber ausrechnen kann, habe ich zwei promovierte Chemiker gebeten, es für mich zu tun. (Reines Glutaral ist ein theoretischer Wert, es gibt es so nicht!) Die Frage lautete: Wie viel CO₂ entsprechen 100ccm 100%iges Glutaraldehyd. Die Antworten:
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Chemisch geantwortet können rechnerisch aus 100gr reinem Glutaraldehyd ca. 240gr CO₂ entstehen
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Das hängt davon ab, wie das 1,5-Pentandial umgesetzt wird. Wenn nur die beiden reaktiven Aldehyd-Gruppen zu CO₂ umgesetzt werden, dann werden aus einem mol Glutaral (=100g) 2 mol Kohlendioxid (=2x 44g= 88g = ca. 45 l Gas bei Normaldruck). Wenn der verbleibende 3-C-Rest auch noch zu CO₂ oxidiert wird, dann gibt es 5 mol Kohlendioxid (=5x 44g= 220g = ca. 112 l Gas bei Normaldruck).
Bevor nun jemand meint, daß das ja eine ganze Menge sei, die Rechnung betrifft 100 gr reines - 100%iges - Glutaral. Glutaral gibt es aber nicht rein und in EasyXXX sind gerade mal 4-6 % drin. Also: Bei 5% ergeben 100 gr gerade mal 11 gr CO₂. Und das ist eher sehr wenig. Da braucht man sich nicht zu wundern, wenn die Pflanzen keine Assimilationsbläschen produzieren. Also doch lieber CO₂ aus dem Feuerlöscher. (Eine CO₂-Seite kommt auch noch irgend wann, auch die Sache mit den Feuerlöschern) Ist inzwischen da: Kohlensäure oder CO₂
Nachtrag Juli 2014: Inzwischen sind es keine Feuerlöscher mehr....
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Nachtrag Februar 2015: Glutaraldehyde ist offensichtlich nur begrenzt lagerfähig. Bei einer erneuten Anwendung ist die schnelle, normale Wirkung gegen 0. Außer daß - mit einem Kontaktrohr - bedeutend mehr CO₂ ins Aquariumwasser eingespült wird als ohne Glutaral. Werde die Sache noch genauer beschreiben. Der Versuch läuft noch. September 2015: Genau habe ich das nicht aufgeschrieben, aber die Wirkung trat dann mit etwas höherer Dosierung doch ein
Erstellt: August 2013 Letzte Bearbeitung: Februar 2020
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